Warum geben wir uns zur Begrüßung die Hand?
Warum geben wir uns zur Begrüßung die Hand?
Die Geste des Händeschüttelns – mehr als nur ein Ritual?
Ob beim Vorstellungsgespräch, auf der Familienfeier oder beim Kennenlernen neuer Menschen: Der Händedruck gehört für viele wie selbstverständlich zur Begrüßung dazu. Aber warum eigentlich? Was steckt hinter dieser scheinbar simplen Geste? Die Antwort führt uns durch Geschichte, Kultur, Biologie – und sogar in die Psychologie.
Ursprung: Eine alte Geste mit praktischer Funktion
Die Wurzeln des Händeschüttelns reichen tausende Jahre zurück. Schon im antiken Griechenland und bei den Römern wurde die rechte Hand gereicht – und das hatte vor allem einen Zweck: Vertrauen schaffen.
Damals trug man Waffen oft in der rechten Hand. Wer also einem anderen die rechte Hand gab, zeigte damit:
„Ich bin unbewaffnet. Ich komme in Frieden.“
Auch mittelalterliche Abbildungen zeigen Adelige oder Krieger beim Handschlag – oft als Zeichen der Bündnistreue oder des gegenseitigen Respekts.
Händedruck in der Geschichte – ein kurzer Überblick
| Epoche / Kultur | Bedeutung des Handschlags |
|---|---|
| Antikes Griechenland | Zeichen von Gleichrangigkeit und Friedfertigkeit |
| Römisches Reich | Form des Vertrags oder Versprechens |
| Mittelalter | Symbol für Ehrlichkeit und Ehre |
| Moderne (Europa) | Begrüßung, Verabschiedung, Geschäftsabschluss |
| Religionen (z. B. Quäker) | Spirituelles Zeichen des Friedens |
Es wird klar: Der Handschlag hatte schon immer mehr als nur eine soziale Funktion – er war Ausdruck von Absicht, Vertrauen und sozialem Status.
Warum gerade die rechte Hand?
Die meisten Menschen sind rechtshändig – das galt auch historisch. Die rechte Hand wurde traditionell als „reine“ und „offene“ Hand betrachtet, mit der man schrieb, arbeitete oder eben freundschaftlich Kontakt aufnahm.
Die linke Hand dagegen war (und ist in vielen Kulturen bis heute) der Hand für „Unreines“ vorbehalten – wie z. B. der Toilettengang oder das Tragen von Gegenständen. Daraus erklärt sich, warum in vielen Kulturen das Reichen der linken Hand als unhöflich gilt.
Psychologie des Händedrucks
Ein Händedruck ist mehr als nur Bewegung – er ist auch ein körpersprachliches Signal. Studien zeigen, dass wir aus einem einzigen Händedruck Informationen ableiten über:
- Selbstbewusstsein
- Zuverlässigkeit
- Sympathie oder Dominanz
- Offenheit gegenüber anderen Menschen
Ein fester, aber nicht zu harter Händedruck signalisiert etwa Selbstsicherheit. Ein zu schlaffer Händedruck kann Unsicherheit vermitteln. Und: Ein Händedruck wird oft unbewusst als Zeichen der Ernsthaftigkeit gedeutet.
Händeschütteln weltweit – überall gleich?
Nicht ganz! Auch wenn der Handschlag in vielen Ländern üblich ist, gibt es kulturelle Unterschiede, wann und wie man ihn einsetzt:
| Land / Region | Bedeutung und Kontext des Händedrucks |
|---|---|
| Deutschland | Sehr verbreitet, besonders im Berufsleben |
| USA | Standardbegrüßung, oft energisch und mit Lächeln |
| Japan | Selten, eher Verbeugung als Begrüßung |
| Frankreich | Händedruck möglich, aber auch Wangenkuss üblich |
| arabische Länder | Händedruck unter Männern üblich, bei Frauen je nach Kontext |
| Südostasien | Händedruck selten, Hände werden oft gefaltet (z. B. beim Wai in Thailand) |
Tipp für Reisende: Wer im Ausland unterwegs ist, sollte sich mit den kulturellen Gepflogenheiten vertraut machen – nicht überall ist der Händedruck selbstverständlich oder angebracht.
Wer sich kulturwissenschaftlich mit Begrüßungsformen befassen möchte, findet beim Institut für interkulturelle Kommunikation der Universität Jena interessante Forschung und Praxisberichte.
Händeschütteln in der Pandemie – eine Zäsur?
Die Corona-Pandemie hat das Händeschütteln weltweit plötzlich aus dem Alltag verdrängt. Aus hygienischen Gründen wurden Alternativen populär:
- Faustgruß
- Ellbogengruß
- Verbeugung oder Nicken
- Hände auf Brust legen
Viele fragten sich: Brauchen wir den Handschlag überhaupt noch?
Tatsächlich war die Pandemie eine Gelegenheit, über Selbstverständlichkeiten nachzudenken. Dennoch ist der Händedruck in vielen Ländern inzwischen wieder zurück – als Zeichen für Nähe, Vertrauen und Normalität.
Gibt es Alternativen mit gleicher Bedeutung?
Natürlich kann man auch ohne Händedruck höflich und respektvoll begrüßen. In vielen Kulturen ist ein freundliches Nicken, eine leichte Verbeugung oder ein einfaches „Hallo“ völlig ausreichend. Auch Augenkontakt und Tonfall sagen oft mehr als eine Geste.
Aber: Der Händedruck hat eine symbolische Tiefe, die durch andere Gesten nicht immer ersetzt wird – gerade in formellen oder beruflichen Kontexten.
Ein kurzer Blick in die Zukunft
Technologien wie KI, Videokonferenzen und virtuelle Meetings verändern auch unsere Form der Begrüßung. Trotzdem bleibt der direkte Körperkontakt ein menschliches Bedürfnis, das Nähe und Vertrauen schafft. Ob es künftig neue Begrüßungsformen gibt oder ob wir den Händedruck weiter pflegen – das hängt wohl auch davon ab, wie sich Gesellschaften entwickeln.
Definition
Händeschütteln ist eine soziale Geste, bei der zwei Personen ihre rechten Hände kurz fassen und oft leicht schütteln – meist zur Begrüßung, Verabschiedung oder zur Besiegelung eines Gesprächs. Sie symbolisiert Vertrauen, Respekt und Friedfertigkeit.
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Fazit: Mehr als nur eine Geste
Der Handschlag ist ein kulturelles Erbe, ein psychologisches Signal und ein Stück Menschlichkeit zugleich. Er zeigt: Ich sehe dich. Ich achte dich. Ich begegne dir offen. Vielleicht ist es gerade diese Einfachheit, die ihn so beständig macht – in einer Welt, in der echte Begegnungen immer wertvoller werden.
